14. Juli 2025
ERC Proof of Concept Grant für Johannes Fink
Vom Prototyp zum Produkt für zukünftiges Quanteninternet mit Faseroptik
Quantencomputer, die große Berechnungen durchführen können, werden in der Realität wohl Netzwerke von Quantencomputern sein, eine Art Quanteninternet. Diese Ansätze basieren jedoch auf supraleitenden Qubits, die elektrische Signale bei ultrakalten Temperaturen verwenden, was Verbindungen bei Raumtemperatur problematisch macht. Physiker des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) haben kürzlich eine vollständig optische Auslesung supraleitender Qubits mithilfe eines elektrooptischen Wandlers demonstriert. Sie erhalten nun einen ERC Proof of Concept-Zuschuss in Höhe von 150.000 Euro, um ihre Technologie marktreif zu machen.

Quantencomputer versprechen, eines Tages klassische Computer bei der Lösung bestimmter Probleme zu übertreffen. Sie sind aber immer noch Forschungsobjekt, da Quantenwissenschafter:innen weltweit daran arbeiten, die zahlreichen technologischen Hürden zu überwinden, die einer Skalierung im Wege stehen. Zu den vielversprechendsten Quantencomputerplattformen, die derzeit verfügbar sind, gehören supraleitende Qubits. Diese werden hergestellt, indem winzige elektrische Schaltkreise auf ultrakalte Temperaturen abgekühlt werden, bei denen sie jeglichen elektrischen Widerstand verlieren – und somit unbegrenzt Strom fließen lassen können. Diese supraleitenden Qubits erfordern eine enorme Kühlung und aufwendige elektrische Komponenten, um mit elektrischen Signalen zu funktionieren, und sind daher schwer zu skalieren. Daraus folgt, dass jedes zukünftige Quantennetzwerk zwangsläufig optische Frequenzen nutzen muss, die bei Raumtemperatur über große Entfernungen übertragen werden können.

Anfang dieses Jahres gelang Forschern aus der Gruppe von Professor Johannes Fink am Institute of Science and Technology Austria (ISTA) eine vollständig optische Auslesung von supraleitenden Qubits indem sie einen elektro-optischen Wandler (Englisch, „transducer“) einsetzten. Mit diesem Ansatz konnten sie das elektrische Signal in ein optisches Signal ‚übersetzen‘ und umgekehrt – und so die elektrischen Komponenten eines supraleitenden Quantencomputer-Laborprototyps erheblich reduzieren. Ihre Arbeit hat gezeigt, dass eine Glasfaser grundsätzlich zwei supraleitende Qubits in zwei getrennten Quantencomputern verbinden könnte. Nun hat der Europäische Forschungsrat dem Team einen ERC Proof of Concept (PoC) Grant gewährt, um die Lücke zwischen den Ergebnissen ihrer bahnbrechenden Forschung und den frühen Phasen der Kommerzialisierung zu schließen.
Vom Laborprototyp zum Plug-and-Play-Gerät
Der technische Fortschritt des Teams, der Anfang dieses Jahres in Nature Physics veröffentlicht wurde, war kein leichtes Unterfangen. Erstens weisen die Mikrowellen- (also elektrischen) und optischen Signale einen Energiesprung von mehr als vier Größenordnungen auf. Darüber hinaus gibt es weltweit nur eine Handvoll elektrooptischer Wandler, die speziell dafür entwickelt wurden, um Quantensignale zu erkennen und weiterzuleiten. Zudem sind diese in einigen wenigen spezialisierten Forschungslabors zu finden und nicht im Handel erhältlich. „Bislang war es sehr schwierig, eines dieser Geräte erfolgreich zusammenzubauen. Das erfordert viel Geschick und manchmal auch Glück, insbesondere für den Einsatz bei extrem niedrigen Temperaturen, bei denen supraleitende Qubits agieren“, so Fink. „Mit der aktuellen Förderung werden wir robuste optische Kopplungsmethoden auf Mikrochip-Basis entwickeln, die unsere Technologie vom Proof-of-Principle-Laborversuch zu einem tatsächlichen Produkt mit Nutzwert weiterbringen werden.“ ISTA-Postdoktorand Rishabh Sahu, der den Projektantrag merklich mitgestaltete, fügt hinzu: „Wenn das Projekt erfolgreich ist, könnten wir in der Lage sein, ein Plug-and-Play-Gerät zu entwickeln, dessen Betrieb keine besonderen Kenntnisse erfordert. Damit wäre unsere Technologie eine attraktive Option für einen möglichen zukünftigen Spin-off.“

Über den Einsatz in einem zukünftigen Quanteninternet hinaus könnte die Weiterentwicklung des elektrooptischen Wandlers auch ‚klassischere‘ Anwendungen finden. Dazu gehören Radargeräte, Fernerkundung und Spektroskopie, wo die optische Detektion von Mikrowellen- und Terahertz-Frequenzsignalen von Vorteil ist.
Eine „Aufstockungsförderung“ um das kommerzielle Potenzial eines Projekts zu erforschen
In diesem Jahr finden zwei Ausschreibungen für ERC-PoC-Förderungen statt. Die Ergebnisse der ersten Ausschreibung wurden heute bekannt gegeben. Das Projekt der ISTA-Forschenden mit dem Titel „Integrated optical coupling for low-loss electro-optic interconnects” (CoupledEOT) ist eines von drei ERC-PoC-Förderungen, die an Forscher:innen in Österreich vergeben wurden.
Das ERC-PoC-Förderungsprogramm steht nur Forscher:innen offen, die aktuell eine ERC-Förderung für Pionierforschung haben oder zuvor erhalten haben. Diese Zusatzzuschüsse helfen den Forscher:innen, das kommerzielle oder gesellschaftliche Potenzial der Erkenntnisse zu untersuchen, die sie im Rahmen ihrer ERC-Projekte gewonnen haben. Ziel ist es, ERC-finanzierte Ideen auf ihrem Weg von der bahnbrechenden Forschung zur Innovation voranzubringen. Der aus Vorarlberg stammende ISTA Professor Johannes Fink hat bereits einen ERC Starting Grant erhalten und verfügt über einen laufenden ERC Consolidator Grant.

Jeder ERC PoC Grant ist mit 150.000 Euro für achtzehn Monate dotiert und soll ERC-Geförderten dabei helfen, die Lücke zwischen den Ergebnissen ihrer bahnbrechenden Forschung und den frühen Phasen ihrer kommerziellen Verwertung oder gesellschaftlichen Anwendung zu schließen. Das Förderprogramm ist Teil von „Horizon Europe“, dem Forschungs- und Innovationsprogramm der EU.